Technologie

Gefriertrocknung

Überblick über das Gefriertrocknungsverfahren

Die Gefriertrocknung ist das schonendste Verfahren zur Trocknung verschiedener Arten von verderblichen Materialien. Das Funktionsprinzip beruht auf dem direkten Übergang eines Stoffs aus dem festen in den gasförmigen Zustand. Dies wird Sublimation genannt. Das Produkt wird zuerst gefroren und dann in einer Umgebung, in der ein geringerer Druck herrscht, mittels Sublimation getrocknet, ohne dass es dabei auftauen darf.

Vorteile des Gefriertrocknungsverfahrens

Da eine direkte Verbindung zwischen dem Vorhandensein von Wasser und den biologischen und chemischen Aktivitäten besteht, die hauptsächlich für Abbauprozesse verantwortlich sind, steigert eine Reduzierung des Wassergehalts die Produktstabilität erheblich. Verglichen mit anderen Methoden der Dehydrierung schädigt die Gefriertrocknung das Produkt weniger, und ein Schrumpfen oder eine Agglomeratbildung des Materials wird vermieden. Aus diesem Grund ist die Gefriertrocknungsmethode ideal für Folgendes geeignet:

  • Konservierung von empfindlichem Material gegen Zersetzung oder Verrottung
  • Beibehaltung der Produkteigenschaften und der ursprünglichen Form
  • Konservierung von Produkten, die eine schnelle Rehydrierung oder Konditionierung des Produkts für die weitere Verwendung erfordern

Zu Beginn des Gefrierprozesses entstehen Eiskristalle in und auf der Oberfläche des Produkts. Wenn die einzelnen Wassermoleküle in den eisförmigen Zustand übergehen, erstarren sie in einem klar definierten Raster. Bei der Sublimation bleiben kleine Poren und Lücken im Produkt zurück, sodass seine Form und Struktur erhalten bleiben. Daher kann das Produkt rasch und einfach rehydriert werden – eine Eigenschaft von besonderer Wichtigkeit in pharmazeutischen Anwendungen. Gefriergetrocknete Produkte können jahrelang bei Raumtemperatur aufbewahrt werden, wenn sie gut versiegelt und vorFeuchtigkeit und Sauerstoff geschützt sind.

Häufige gefriergetrocknete Produkte im Alltag sind beispielsweise Impfstoffe, getrocknetes Obst und Gemüse, getrocknete Pilze oder löslicher Kaffee.

Prinzip des Gefriertrocknungsverfahrens: Grundlagen der Thermodynamik

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Abbildung 1: Phasendiagramm des Wassers

Ⓐ Gefriertemperatur je nach Lösungsmittel und gelöster Substanz wählen
Ⓑ Beginn der Sublimation durch Absenken des Drucks
Ⓒ Unterhalb des Tripelpunkts beginnt die Gefriertrocknung

 

Ⓐ Tripelpunkt

In Abhängigkeit von Druck und Temperatur kann jeder Stoff in drei Phasen vorliegen: fest, flüssig und gasförmig. Die Beziehung zwischen Druck und Temperatur für einen gegebenen Stoff wird in einem sogenannten Phasendiagramm dargestellt. Wird ein Feststoff unter konstantem Druck über den Tripelpunkt erhitzt, erreicht er den Schmelzpunkt und verflüssigt sich. Bei weiterer Erwärmung steigt die Temperatur bis zum Siedepunkt an, und die Flüssigkeit beginnt zu sieden und geht in ein Gas über.

Findet ein ähnlicher Prozess mit Temperatur und Druck unter dem Tripelpunkt statt (bei Wasser sind das 6.11 mbar), schmilzt das Material nicht, sondern sublimiert stattdessen. Die der Probe bei geringem Druck zugeführte Wärmeenergie überträgt ausreichend Energie für das Tauen. Der Druck ist jedoch zu gering für die Bildung von Flüssigkeit. Deshalb sublimiert das Lösungsmittel in ein Gas.

Da die Phase eines Stoffes sowohl von der Temperatur als auch dem Druck abhängt, wird die Siede- oder Verdampfungstemperatur durch den Druck bestimmt. Folglich kann eine Druckminderung durch Anwendung eines Vakuums den Siedepunkt des Lösungsmittels senken, sodass die Verdampfung bei geringeren Temperaturen stattfindet. Gewöhnlich werden bei hitzeempfindliche Proben Niederdrucksysteme verwendet, um den Siedepunkt zu senken, damit die Verdampfung bei einer niedrigeren, sicheren Temperatur stattfindet. Ein ähnlicher Ansatz kann für Sublimationsprozesse verfolgt werden.

Auswirkungen von Druck und Temperatur auf das Gefriertrocknungsverfahren

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Abbildung 2: Schritte der Gefriertrocknung
 Druck
 Produkt
 Stellfläche
 Kondensator

Ⓐ Absenkung der Produkt- und Stellflächentemperatur für einen optimalen Prozess
Ⓑ Die Senkung des Drucks und die Erhöhung der Stellflächentemperatur erleichtern sowohl die Sublimation als auch die Desorption bei der Sekundärtrocknung
Ⓒ Die Temperatur des Eiskondensators bestimmt die tatsächliche Kapazität des Kondensators zum Auffangen von Dämpfen

Die entscheidenden Parameter für Ihre Gefriertrocknungsanlage sind Druck und Temperatur. Ein typisches Gefriertrocknungsverfahren umfasst zwei Stufen – Gefrieren und Primärtrocknung. Bei manchen Proben kann eine sekundäre Trocknung erforderlich sein, um Lösungsmittelmoleküle zu entfernen, die eng an die Probe gebunden sind, und so den Feuchtigkeitsgehalt weiter zu verringern. Je nach den Eigenschaften der Probe gelten für jeden Prozessschritt eigene Anforderungen im Hinblick auf Druck und Temperatur.

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Abbildung 3: Unterschiedliche Eiskristallgrösse je nach Gefriergeschwindigkeit

 

Ⓐ Langsames Gefrieren
Ⓑ Schnelles Gefrieren

Die meisten flüssigen Produkte oder Formulierungen gefrieren durch Bildung von Eiskristallen. Grösse und Form dieser Eiskristalle hängen von der Geschwindigkeit der Abkühlung ab und bestimmen die Fähigkeit zur Gefriertrocknung. Ein rasches Abkühlen (Flüssigstickstoff) ergibt kleine Eiskristalle, während ein langsameres Abkühlen (Tiefkühler) grössere Eiskristalle hervorbringt. Im Hinblick auf die Gefriertrocknung sind kleine Eiskristalle schwieriger aus dem Produkt zu entfernen als grössere. Dennoch entscheiden Eigenschaften und Zusammensetzung einer Formulierung über ihre Gefriertemperatur.

Eutektische und amorphe Gemische im Gefriertrocknungsverfahren

Bei eutektischen und amorphen Gemischen können die Formulierungen im Allgemeinen auf zwei verschiedene Arten gefrieren.

Eutektische Gemische

Eutektische Gemische enthalten Stoffe, die bei tieferen Temperaturen als das umgebende Wasser gefrieren. Beim Abkühlen eines eutektischen Gemischs trennt sich das Wasser als erstes von diesen Stoffen und gefriert zu Eis. Die Formulierung mag dann gefroren wirken, doch die verbleibenden Stoffe sind tatsächlich noch flüssig. Sie bilden konzentrierte Bereiche, die dann schlussendlich bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt von Wasser gefrieren.

Die Temperatur, bei der alle Bestandteile des Gemischs tatsächlich gefroren sind, wird eutektische Temperatur genannt. Dies ist die kritische Temperatur der Formulierung und die Höchsttemperatur, die sie während des Gefriertrocknungsprozesses annehmen darf. Die Anwendung eines Vakuums auf ein unvollständig gefrorenes eutektisches Gemisch kann die Zerstörung des Produkts zur Folge haben, da noch flüssige Bestandteile sich unter Vakuum ausdehnen.

Amorphe Gemische

Die zweite Klasse von Gemischen sind amorphe Gemische, die gefroren in einen Glaszustand übergehen. Mit abnehmender Temperatur nimmt die Viskosität der Formulierung zu, bis sie bei Erreichen der Glasübergangstemperatur zu einem glasigen Feststoff erstarrt. Bei amorphen Produkten wird der im Hinblick auf die Stabilität kritische Punkt Kollapstemperatur genannt. Die Kollapstemperatur liegt in der Regel leicht unter der Glasübergangstemperatur. Amorphe Produkte lassen sich mit Gefriertrocknungsanlagen im Allgemeinen nur schwer gefriertrocknen.

Primärtrocknung während des Gefriertrocknungsverfahrens

In der ersten Gefrierphase – der primären Trocknung – wird der Grossteil des im Produkt enthaltenen Wassers mittels Sublimation entfernt. Die Temperatur des Produkts hängt vom Druck in der Trocknungskammer ab, und die Wärmezufuhr muss sorgfältig gesteuert werden. Die ideale Produkttemperatur ist so hoch wie möglich, um die Dampfdruckdifferenz zwischen Probe und Kondensator zu maximieren, doch unterhalb der kritischen Temperatur des Produkts, damit es im gefrorenen Zustand verbleibt. Oberhalb dieser Temperatur kollabiert die Produktstruktur, was eine Schrumpfung oder Rissbildung zur Folge hat.

Idealerweise wird der Gefriertrocknungsprozess bei Temperaturen knapp unter der kritischen Temperatur durchgeführt. Der erste Schritt des Gefriertrocknungsprozesses läuft folgendermassen ab:

  • Der Druck in der Trocknungskammer wird verringert, um den Trocknungsprozess zu aktivieren
  • Der vorherrschende Druck und die Temperaturwerte liegen nun jeweils unter dem Tripelpunkt
  • Durch Verwendung von beheizten Stellflächen erfolgt eine langsame Annäherung an die festgelegte Temperatur mit einer definierten Aufheizrate
  • Durch Sublimation entsteht Wasserdampf in der Trocknungskammer
  • Wird er nicht aus dem System entfernt, equilibriert der Wasserdampf und keine weiteren Eispartikel sublimieren
  • Die Dampfmoleküle werden mithilfe des Eiskondensators entfernt; dabei handelt es sich um ein Kühlgerät, dessen Temperaturen weit unter der kritischen Produkttemperatur liegen

Die Sublimationsrate ist im Wesentlichen definiert durch die Differenz der Dampfdrücke: des Dampfdrucks über dem Produkt einerseits und des Dampfdrucks über dem Eiskondensator andererseits. Allgemein gilt: Je grösser die Differenz, desto rascher verläuft die Sublimation; je näher die Produkttemperatur am Tripelpunkt, desto grösser ist die Druckdifferenz.

Am Ende der primären Trocknungsphase sollte das enthaltene Wasser durch die Gefriertrocknungsanlage weitestgehend entfernt sein. Die Restfeuchte des Produkts kann nun bei 5 – 10 % liegen. Sie ist auf an die Matrix gebundenes Wasser zurückzuführen. In diesem Stadium sollte kein Eis mehr vorhanden sein.

Sekundärtrocknung während des Gefriertrocknungsprozesses

Bei der sekundären Trocknung werden die adsorbierten Wassermoleküle mittels Desorption entfernt. Um ideale Bedingungen für die Desorption zu erzielen, sind ein geringstmöglicher Druck und eine weitere Erhöhung der Stellflächentemperatur erforderlich. Auch hier muss die Produktstabilität bei der Auswahl der Stellflächentemperatur berücksichtigt werden. Die sekundäre Trocknung wird üblicherweise über einen kürzeren Zeitraum ausgeführt. Am Ende der sekundären Trocknung sollte der Feuchtigkeitsgehalt des Produkts im Bereich von 1 – 5 % liegen.

Das Gefriertrocknungsverfahren in der pharmazeutischen Industrie

Das Gefriertrocknungsverfahren ist für die Konservierung verschiedenster Arzneimittel meist die Methode der Wahl, besonders, wenn die Stabilität im flüssigen Zustand nicht ausreicht, die Lagerbedingungen zu anspruchsvoll sind oder das Produkt in fester Form vorliegen muss. Es eignet sich gut für Formulierungen, die nach der Trocknung nicht weiterverarbeitet werden müssen, da diese direkt in Fläschchen gefüllt werden können, die sich nach dem Zyklus im Trockenen versiegeln lassen, um potenzielle Kontaminationen zu verhindern.

Vorteile der Gefriertrocknung

Grenzen der Gefriertrocknung

Niedrige Verfahrenstemperaturen

Erfordert eine hohe Anfangsinvestition für Gefriertrocknungsanlagen

Hohe Produktausbeute

Lange Bearbeitungszeiten

Grosse Einheitlichkeit des Produkts

Begrenzte Möglichkeiten der Hochskalierung

Hohe Qualität in Bezug auf Aktivität, Wassergehalt und Stabilität

 

Präzise Steuerung des Prozesses ermöglicht die Herstellung von Produkten höchster Qualität, da hier das Risiko minimiert ist, intrinsische Produkteigenschaften wie die Temperaturen von Kollaps, eutektischer Schmelze oder Glasübergang zu überschreiten.